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War
die Meteorologie zu unwissend, um Klimaänderungen und den 2. Weltkrieg
zu verhindern? |
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a. Der Weltkrieg endete mit einem Klimasprung. Der Seekrieg wirkte nicht nur während des 2. WK auf das Wetter und Klima ein. Sein Vorgänger, der 1. Weltkrieg, tat ein Gleiches. Die Seekriegsthese kann sich somit auf eine Beweislage stützen, die 20 Jahre vor der Klimawende im Winter 1939/40 mit einem gewaltigen Temperaturanstieg in der Arktis im Winter 1918/19 ihren Anfang nahm (Abb.I-1 und G3-1). Es betraf zunächst nicht das gesamte Gebiet des Arktischen Ozeans, sondern die Seegebiete im nördlichsten Nordatlantik, dem europäischen Nordmeer, der Grönlandsee und dem sich daran anschließenden Sektor des Arktischen Ozeans. Im Zentrum liegen das Spitzbergen Archipel und die Framstraße. Im Winter 1918/19, dem ein gutes halbes Jahrhundert eine globale Erwärmung vorausgegangen war, kam es plötzlich zu einem großen Erwärmungsschub, der sich in der anschließenden Dekade über die ganze nördliche Hemisphäre bemerkbar machte. In den USA endete dieser Schub ungefähr 1933, in Europa hielt er, mit leicht steigender Tendenz, bis zum Herbst 1939 an. Dann der plötzliche Abbruch. Der erste Kriegswinter 1939/40 brachte eine markante Trendwende, die in den vorausgegangenen Kapiteln erörtert wurde. Nun stehen zur Abrundung der Seekriegsthese die Gründe für die arktische Erwärmung ab dem Winter 1918/19 zur Diskussion. Wie bei der Analyse der drei Extremwinter von 1939/40 bis 1941/42 und der globalen Abkühlung von 1940 bis ca. 1975 sind die Bestimmung von Ort und Zeit, von Temperaturmitteln und Seekriegsaktivitäten während des 1. WK von herausragender Bedeutung. Dies war ein besonderes Anliegen meines im Jahr 2009 in den USA und Deutschland erschienenen Buches zur „Early Arctic Warming“[1] (kurz: EAW). Nur wenn die besonderen Bedingungen des Seekrieges und die entsprechenden Temperaturdaten präzise bestimmt und abgeglichen werden, lässt sich, wenn zusätzlich die relevanten Meeresgebiete einbezogen werden, der Nachweis eines Zusammenhanges führen. Da dies mit der Buchveröffentlichung in detaillierter Form geschehen ist, begnüge ich mich hier mit einem Überblick und verdeutliche die Verbindung zwischen dem Seekrieg und der Entwicklung der Lufttemperaturen in der nördlichen Hemisphäre ab Winter 1918/19. aa. Zur Bedeutung der Wintersaison Wie schon bei der Analyse der europäischen Extremwinter während des 2. WK, ist auch bei der EAW die Wintersaison der alles entscheidende Faktor für die Ermittlung von ursächlichen Zusammenhängen. Für die Arktis gilt dies sogar weitaus mehr als für Regionen in mittleren Breiten, wie für den Nordatlantik südlich von Island und für die Nord- und Ostsee. Ab ca. 65° Nord bis zum Nordpol ist während der Wintersaison der direkte Einfluss der Sonne nahezu null. In der Sommersaison ist es umgekehrt, weil die Sonne nördlich des Polarkreises bis zu 24 Stunden am Tag scheinen und zu einer substantiellen Erwärmung der oberen Meerwasserschicht, (soweit frei von Seeeis) sowie der Lufthülle beitragen kann. Demgegenüber kommt die der Atmosphäre zugeführte Wärme während der Wintersaison allein von den sich darunter befindlichen offenen Seeflächen oder warmer Luft aus südlicheren Breiten mittels Luftaustausch. Wichtige Hinweise ergeben sich aus den Differenzen in den statistischen Mittelwerten für die Sommer- und Wintersaison. Eine Beschränkung der Analyse auf die Wintersaison rückt den Einfluss der Meere in den Mittelpunkt. Dieser Fall liegt bei der frühen arktischen Erwärmung (EAW) vor. Während die Sommertemperaturen auf dem langjährigen mittleren Niveau verharrten, erhöhten sich die Wintertemperaturen dramatisch ab 1918 (siehe dazu die Werte an der Station auf Spitzbergen, Fig. I-2, die den jährlichen Wert für die Sommer (JJA), den Herbst (SON) und Winter (DJF) zwischen 1914 und 1977 ausweist). Die markante Wintererwärmung ergibt sich für den gesamten arktischen Raum nördlich 70° Nord, TK14 (Abb. nächste Seite). Die weitere Untersuchung beschränkt sich daher auf die Wintersaison. bb. Zeitpunkt und Region. Die EAW war der markanteste globale Klimasprung der letzten zweihundert Jahre. Auf Spitzbergen, der einsamen Inselgruppe zwischen Nordkap und Nordpol, explodierten Ende 1918 buchstäblich die Temperaturen. Schon 1930 sah der norwegische Wissenschaftler B. J. Birkeland[2] darin den größten Temperatursprung, der je gemessen wurde (siehe TK14, obere Reihe). In der Dekade danach sind besonders die Sektoren nördlich und südlich der Framstraße betroffen (TK14, zweite Reihe). Aus den abgebildeten Temperaturgrafiken ergibt sich, dass es zwischen 1912 und 1917 niedrigere Temperaturen gegeben hat. Die Differenz zur Periode 1919 bis 1923 ist mit ca. 8°C gewaltig. Für die gesamte Arktis nördlich 70°N ergibt sich eine Differenz zwischen der Zeit vor 1919 und danach von 2°C. b. Mögliche Ursachenkette Die Suche nach der Ursache setzt voraus, dass man in der Lage ist, die Vorgaben des Meeres als Blaupause für das Klima zu verstehen. Davon ist, bis zum Beweis des Gegenteils (z.B. Sonnenwinde, Tsunami, Vulkanausbruch oder Meteoriteneinschlag), auszugehen. Da diese Prämisse von der Klimaforschung nur sehr oberflächlich berücksichtigt wird, erschwert sie die Analyse des EWA Phänomens. Temperaturkarte
14 (TK14) aa. Ursache I: Der Westspitzbergenstrom Da es hinsichtlich Zeitpunkt und Region des Temperaturanstiegs im Winter keine Zweifel gibt, geht es um die Frage, was den plötzlichen Wechsel, der sich über zwei Dekaden hielt, hervorgerufen haben könnte. Die arktischen Winter werden bestimmt durch lange Nächte, viel Seeeis, extreme Kälte, niedrige Luftfeuchtigkeit, wenig Wolkenbedeckung und hohem Luftdruck, Weder Schwankungen bei Sonnenflecken, Kohlendioxid oder Luftfeuchtigkeit können als Gründe für eine sehr markante oder länger anhaltende Erwärmung herangezogen werden. Es gibt keinen Hinweis, dass die Erwärmung aus einer anderen Region stammt und über den Luftweg zum Nordmeer und die angrenzende Arktis gelangt ist. Also muss die Erwärmung eine lokale Ursache haben. Dafür kommen nur die Meeresregion um die Framstraße und der vom Süden kommende Westspitzbergenstrom in Betracht. Der Westspitzbergenstrom bringt warmes Atlantikwasser mit hohem Salzgehalt in das Polarmeer. Die Hauptmasse des Atlantikwassers befindet sich in 100 bis 200 Meter Tiefe. Die Deckschicht besteht aus kälterem und weniger salzigem Wasser. Insgesamt bildet diese Kombination mit vielen Variablen aus dem Seegebiet vor Spitzbergen und in der Framstraße ein hoch komplexes System. Der permanente Zufluss von warmem Wasser bis zum Arktischen Ozean hat eine sehr hohe Klimarelevanz. Eine Verstärkung des Zuflusses von warmem Atlantikwasser oder eine geringere Dicke der kalten Deckschicht würde unmittelbar Folgen im arktischen Klima haben. Ein Vorgang dieser Art hat, davon muss man ausgehen, zu dem enormen Temperatursprung ab Winter 1918/19 geführt. Da nichts darüber bekannt ist, dass vom atlantischen Golfstrom mehr warmes Wasser, vorbei an Schottland und der norwegischen Küste, den Westspitzbergenstrom verstärkt hatte, ist die zweite Alternative, Verringerung der kalten Deckschicht vor Spitzbergen über dem warmen Atlantikwasser, die wahrscheinlichere. Von der Reduzierung der Deckschicht von 200 Metern auf 100 Meter berichtete schon der russische Wissenschaftler J. Schokalsky auf einer Tagung in Edinburgh/Schottland im Jahr 1935 (Schokalsky, 1936). bb. Ursache II: Verschiebung durch Seeeis in 1917? Wenig bekannt ist über die außergewöhnliche Vereisung im Nordmeer im Jahr 1917. Nach meinem Wissen ist dies nur einmal im letzten Jahrhundert vorgekommen. Ich habe darüber auf einer Konferenz im Januar 2010 in Chennai (Indien) berichtet (Bernaerts, 2010). Im März 1917 war die See vor Spitzbergen noch eisfrei, Abb. I-3a, (Seite 149). Dies entsprach dem langjährigen Muster, wonach über dem Westspitzbergenstrom eine nach Norden gerichtete eisfreie Zunge bis zum Beginn der Sommersaison im April bleibt. Im April 1917 galt das plötzlich nicht mehr. Die eisfreie Zunge verschwand. In den folgenden Wochen schob sich die Seeeisgrenze weiter gen Süden vor und erreichte erst im Mai/Juni ihren südlichsten Punkt, siehe Abb. I-3a & 3b[3]. Es war ein Jahrhundertereignis. Da zur gleichen Zeit ein schwerer Seekrieg in Europa tobte, kann man nur staunen, dass es die Wissenschaft nicht interessiert hat, ob zwischen beiden Ereignissen eine kausale Abhängigkeit besteht. Es ist davon auszugehen, solange keine andere tragfähige Begründung vorgetragen wird. Da sich die Wissenschaft dem bisher entzogen hat, ist es gerechtfertigt, die anthropogenen Vorgänge in Europa als mitursächlich im Sinne eines Anscheinsbeweises zu bewerten. Für dieses Kapitel ist nicht die Erforschung der Seevereisung im Nordmeer Gegenstand, die diese Arbeit auch nicht leisten könnte, sondern die Frage, was zu einer Systemverschiebung der Meeresstruktur in der Region um Spitzbergen und Framstraße geführt haben kann. Das bringt, im Gegensatz zum Vereisungsprozess, den Abschmelzprozess ins Gespräch mit der Frage: ___Hat der spät einsetzende Abschmelzprozess ab Juni 1917 so nachhaltig in die Meeresstruktur südlich der Framstraße eingegriffen, dass dies zu einer Strukturverschiebung im Winter 1918/19 geführt hat? Dazu gehört der Umstand, dass die zur Schmelze anstehenden Eisflächen weit über den normalen Werten lagen und dadurch ab Juni hohe Mengen Süßwasser im Nordmeer freigesetzt wurden. Dies kann eine Fülle von Kausalketten auslösen und die Meeresschichtenstruktur so verändern, dass sie zum Eintritt und Erhalt der EAW ab 1919 beigetragen hat.
cc: Ursache III: Strukturänderung durch externe Kraft Die Ursachensuche nach den Gründen für die EAW liegt in dem Seegebiet zwischen Island, Schottland und Spitzbergen, im östlichen Bereich dieses Triangels, und nahe dem Ausläufer des Golfstromes, der ab Schottland als Norwegenstrom und ab den Lofoten als Westspitzbergenstrom in den Arktischen Ozean fließt. In diesem Seegebiet wurden die Weichen vor Beginn der EAW im Winter 1918/19 gestellt. Nur vom nördlichen Nordatlantik und dem unmittelbar daran angrenzenden Sektor im Polarmeer wurde die Atmosphäre mit zusätzlicher Wärme während der Wintersaison 1918/19 versorgt. Das gilt jedenfalls für die Anfangsphase, die zugleich den Endpunkt eines zerstörerischen Ereignisses für Mensch und Umwelt markiert. Im November 1918 endete der 1. WK. Vorausgegangen waren vier Jahre Seekrieg in den Gewässern rund um England mit gigantischen Zerstörungsqualitäten. Das betraf die Wärme und den Salzgehalt in der Meerwasserstruktur, häufig von der Oberfläche bis mehrere Dutzend Meter Wassertiefe. Diese "gedrehten und gewendeten“ Wassermassen verließen westlich oder östlich von Schottland die Kampfgebiete und flossen nordwärts, erst als Norwegenstrom und dann als Westspitzbergenstrom, vorbei an Spitzbergen, in den Arktischen Ozean, TK14 (mittlere Reihe). Das nimmt nur einige Wochen oder ein paar Monate in Anspruch. Von diesen Wassermassen kann die exzeptionelle Seevereisung im Sommer 1917 mit bewirkt worden sein. Unabhängig davon kann es zu einem unmittelbaren Einfluss auf die Meerwassertiefenstruktur vor Spitzbergen gekommen sein, was zur Klimaänderung durch höhere Wintertemperaturen im Winter 1918/19 geführt haben kann. c. Ein harter Seekrieg führt zum Klimasprung in der Arktis aa: Mechanismen und Fakten Um die Wirkung eines Seekrieges in den Gewässern rund um England sowie der Nord- und Ostsee ermessen zu können, sind nicht nur die Flächenausdehnung und die Meeresströmung zum Nordpolarmeer von Bedeutung. Daraus ergibt sich eine physikalische Dominanz der Meere gegenüber der Atmosphäre, wie sie in der Abb. A3-4 (Seite 13) zusammengestellt wurde. Jede Veränderung in der Meeresumwelt durch ein schraubengetriebenes Schiff hat ein Klimapotential. Die Klimaforschung hat sich dieser Frage, trotz Hinweisen auf einen Zusammenhang bereits während des 1. und 2. WK, nicht angenommen. Besonders markant sind zwei bereits erwähnte Feststellungen, die ihrer Bedeutung wegen wiederholt werden: __Drummond (1943): „Seit Beginn von vergleichenden Beobachtungen im Jahr 1871 hat es nur drei aufeinander folgende Winter gegeben (1939/1940, 1940/1941 und 1941/1942), die so schneereich waren wie diese, nämlich 1915/1916, 1916/1917 und 1917/1918“. __C.J. Östman, (1941): „Äußerst selten sind zwei schwere Eiswinter unmittelbar aufeinander gefolgt seit dem Jahr 1870, als die regelmäßigen Eisbeobachtungen in Schweden begannen. Außer für die beiden letzten Winter -1939/40 und 1940/41- ist dies nur der Fall 1915/16 und 1916/17.“ Diese Aussagen bestätigen so eindeutig eine Mitwirkung des Seekrieges, dass man von einem Versagen der Klimaforschung sprechen kann, diese Zusammenhänge nicht längst geklärt zu haben. Der Verlauf des 1. WK eignet sich gut für das Erkennen von Zusammenhängen. So ermittelte J.K. Lumby (1941) sehr niedrige Seewassertemperaturen im Jahr 1917 im Englischen Kanal, als die Deutsche Kriegsmarine dort sehr effektiv operierte. Auch aus einer Untersuchung von D.C. Giles (1949), die Irische See betreffend, lassen sich Spuren des Seekrieges entnehmen. Aufmerksamkeit sollte auch den Wassertemperaturmessungen zwischen Schottland und den Färöer-Inseln entgegengebracht werden. Sie wurden für die Fischereiforschung ermittelt und weisen dramatisch niedrigere Werte für die Zeit von ca. 1914 bis 1920 und höhere Werte für den 2. WK aus; siehe Abb. A3-7 (Seite 16). Bemerkenswert ist der sehr kalte Winter 1916/17. In Großbritannien war es der drittkälteste Winter im letzten Jahrhundert, und er bescherte auch Spitzbergen Niedrigsttemperaturen. Die Städte Paris und De Bilt zeigten Reflexe. Es war der maritime Teil von Nordeuropa, der von diesem kalten Winter betroffen war. Berlin und die Region östlich davon lagen nahe dem Normalbereich. Bevor wir uns den Seegebieten zuwenden, ein Hinweis auf die Seevereisung der Ostsee. Fakt ist, der Winter 1916/17 war östlich von Berlin nicht ungewöhnlich kalt. Dies trifft auch für die Länder rund um die Ostsee zu. Da erstaunt die Feststellung von Östmann (s.o.), dass die Eiswinter 1915/16 und 1916/17 in der Ostsee ungewöhnlich gewesen und mit den ersten beiden Eiswintern im 2. WK vergleichbar seien. Die Entwicklung ergibt sich aus der Abb. I-5, wonach die Vereisung in den ersten drei Kriegsjahren bis zur russischen Oktoberrevolution 1917 von Jahr zu Jahr zunimmt. Schon im Winter 1917/18 fiel die Vereisung wieder auf das Vorkriegsniveau zurück. bb. Chronik des Seekrieges Eine kurze Chronik des Seekrieges von August 1914 bis November 1918 ist notwendig, um den Gründen für den kalten Winter 1916/17, aber insbesondere dem klimatischen Sprung im Nordmeer im Winter 1918/19, auf die Spur zu kommen. Es gibt eine markante Datumslinie, die Zeit vor dem Herbst 1916 und die Kriegszeit danach. Kriegsjahre1914-1916 Der Seekrieg in den ersten beiden Jahren war, im Vergleich zu den beiden weiteren Kriegsjahren, eine Vorbereitungs- und Trainingszeit, die gleichwohl schon hohes Zerstörungspotential aufwies. Erst ab ca. August 1916 standen neue Waffensysteme mit vervielfältigtem Zerstörungspotential zur Verfügung. Bedingt durch die Einführung von Massenproduktion waren Waffen auch in hoher Quantität vorhanden. Als der 1. Weltkrieg begann, hatte die deutsche Kriegsmarine 28 U-Boote – technisch noch nicht sehr weit entwickelt. Innerhalb der ersten sechs Kriegsmonate gingen 7 davon verloren. Bis dahin hatte die Unterwasser-Flotte 10 britische Handelsschiffe mit 20.000 Tonnen versenkt; das waren nur 10 % des Gesamtverlustes der Engländer in diesem Zeitraum. Mit Seeminen waren die Deutschen im gleichen Zeitraum doppelt so erfolgreich. Es passierte viel, z.B.: Im Baltikum versanken am 10. November 1916 sieben deutsche Zerstörer in einem Minenfeld. An Schiffsraum stand den Alliierten eine Gesamt-Tonnage von 40 Millionen Tonnen zur Verfügung. Von Anfang 1915 bis Dezember 1916 versenkten deutsche U-Boote davon 2 Millionen Tonnen, ca. 1.000 Handelsschiffe. Das entspricht einer „Erfolgsrate“ von 2-3 Versenkungen pro Tag. Andererseits wuchs auch der Verlust von U-Booten durch die Neuentwicklung von Wasserbomben, die mit rund 150 kg TNT oder Amatol Sprengstoff gefüllt waren und ab Herbst 1916 gegen U-Boote zum Einsatz gebracht wurden. Der Seekrieg von 1917 – 1918 Während der ersten Monate im Jahr 1917 brachten U-Boote Großbritannien in große Bedrängnis. Anfang 1917 standen etwa 110 einsatzbereite U-Boote zur Verfügung. Sie versenkten mehr Schiffe, als durch Neubauten ersetzt werden konnten. Im April 1917 wurde mit der Versenkung von 860.000 Tonnen eine Quote erreicht, die etwa der Hälfte des Vorjahresergebnisses entsprach. 1917 wurden insgesamt 6,2 Millionen Schiffstonnage versenkt, das sind ca. 3.000 Schiffe bzw. im Schnitt fast 10 Schiffe pro Tag. Schiffe mit einer Gesamttragfähigkeit von 12 Millionen Tonnen verloren die Alliierten insgesamt - ein gewaltiges Potential zur Beeinträchtigung der Abläufe vor allem in den europäischen Meeren. 5.500 Handelsschiffe, 10 Schlachtschiffe, 18 Kreuzer, 20 Zerstörer und 9 Unterseeboote verloren die Sieger während der vier Seekriegsjahre. Alle beteiligten Kriegsmarinen verloren zusammen 650 Kriegsschiffe, einschließlich von 205 U-Booten mit einer Tonnage von 1,2 Millionen Tonnen. Wie viele deutsche und unter neutraler Flagge fahrende zivile Schiffe auf den Meeresgrund sanken, ist nicht genau beziffert. Die Verluste der deutschen Flotte liegen bei rund 350 Schiffen und 850.000 BRT, einschließlich beschlagnahmter Schiffe. Wasserbomben - und U-Boote Der Höhepunkt der U-Boot Erfolge wurde mit fast einer Million versenkter Schiffstonnage im April 1917 erreicht. Obwohl die englische Marine hunderte von vermuteten oder realen Attacken abwehren konnte, war das Ergebnis unbefriedigend. Nur 11 U-Boote konnten von Januar bis April 1917 außer Gefecht gesetzt werden. Das zwang die Royal Navy, neue Wege einzuschlagen, in Konvois von 20 bis 60 Schiffen zu fahren, verstärkt durch Patrouillen und vermehrten Einsatz der neu entwickelten Unterwasserwaffe: Wasserbomben gegen U-Boote. In den ersten beiden Kriegsjahren konnten deutsche U-Boote nahezu ungehindert feindliche Schiffe versenken. Das Szenario änderte sich ab dem Herbst 1916. Von diesem Zeitpunkt an stieg von Monat zu Monat die Gefahr für die U-Boot-Fahrer, selber gejagt und mit Wasserbomben vernichtet zu werden. Viele hundert Schiffe der Royal Navy kontrollierten die See rund um Großbritannien. Seeminen In der Nordsee waren entlang der englischen Ostküste, einschließlich Dover, Deutsche Bucht und im Seegebiet zwischen Orkney Inseln und Norwegen (Northern Barrage) je 50.000 bis 70.000 Seeminen ausgelegt worden. In der Nordsee waren es insgesamt etwa 190.000 - von 235.000 -, die in verschiedenen Wassertiefen verankert wurden. Bei der Minensuche werden Seegebiete „durchgerührt“, und zwar um ein Vielfaches stärker als beim Legen der Sprengkörper und bei gelegentlichen Explosionen, wenn ein Schiff auf eine versteckte Mine gelaufen ist. Jeweils zwei Minensuchschiffe fahren mit einer an beiden Rümpfen befestigten Stahltrosse, mit der die Verankerung der ausgelegten Minen durchtrennt wird, parallel durchs Minenfeld. Aufschwimmende Minen werden mit einem Gewehrschuss zur Detonation gebracht. Die Briten hatten 700 Minensuchschiffe im Einsatz, die Deutschen vermutlich genau so viele. Mindestens 500 Schiffe waren ununterbrochen im Einsatz, um Minen unschädlich zu machen. Barentssee und Ostsee Obwohl beide Seegebiete zu keinem Zeitpunkt eine zentrale militärische Rolle während des 1. Weltkrieges spielten, waren sie gleichwohl fortlaufend von immensen Seekriegsaktivitäten betroffen. Die vielfältigen Attacken in der Barentssee könnten Auswirkungen auf den sehr strengen Winter 1916/17 gehabt haben. Bis zum Frühjahr 1915 waren mehr als 450.000 Tonnen Kohle und 90.000 Tonnen Waffen zum russischen Hafen Archangelsk verschifft worden. Russische und deutsche Kriegsschiffe legten Tausende von Seeminen, während Dutzende von Minensuchern die See permanent durchkämmten, um sie zu finden und unschädlich zu machen. In dem nördlichen Seegebiet versenkten deutsche U-Boote in den Herbstmonaten 1916 25 Handelsschiffe und dann nochmals 21 Schiffe von April bis November 1917. In der östlichen Ostsee wurden mehrere Dutzend Minenfelder mit vielen tausend Seeminen gelegt. Über drei Jahre wurde die Ostsee täglicher Kriegsschauplatz. Britische und russische Unterseeboote konnten dort erfolgreich operieren. Deutsche und russische Kriegsschiffe trafen in vielen Seegefechten aufeinander. Für die russische Flotte war der Seekrieg in der Ostsee mit der Oktoberrevolution zu Ende. Eine jährlich zunehmende Vereisung der Ostsee bis einschließlich Winter 1916/17 kann mit den Seekriegsaktivitäten in diesem Seegebiet in Verbindung gebracht werden. Die nördliche Minensperre – „The North Sea mine barrage“ Seit 1916 versuchten die Alliierten, die gefährlichen deutschen U-Boote am Verlassen der Nordsee in den Nordatlantik zu hindern. Ein 275 Kilometer breiter Minengürtel zwischen den Orkney Inseln und Norwegen[4] sollte die U-Boote stoppen. Die Aufgabe wurde von den USA und England in Angriff genommen. Ein neuer Seeminen-Typ wurde entwickelt, die MK6, die mit rund 150 kg TNT (Trinitrotoluol) gefüllt war. Die Super-Mine sollte noch auf 30 Meter Entfernung U-Boote vernichten können. Berechnungen ergaben, dass für eine lückenlose Sperre gegen U-Boote an die 100.000 Minen benötigt würden. Tatsächlich wurden vom Frühsommer 1918 bis Oktober 1918 ca. 70.000 Minen von den Alliierten und eine unbekannte Anzahl von Norwegen ausgelegt.
Doch bereits bei der ersten Minen-Aktion gingen 150 von 4.000 Minen vorzeitig hoch. Diese Verlustquote setzte sich fort. In der mittleren, von den USA betreuten Sektion, sollten die Minen in zehn Reihen mit 30, vier Reihen mit 50 und weiteren 4 Reihen mit 80 Meter Tauchtiefe verlegt werden. Die Aktion wurde ein halbes Jahr später, im Oktober 1918, abgebrochen, als sich das Kriegsende abzeichnete. Die Räumung begann im Frühjahr 1919 und wurde im Herbst 1919 beendet. Bilanz: Von den 70.000 verlegten Minen waren ungefähr 5.000 während oder unmittelbar nach dem Auslegen explodiert. 20.000 Minen wurden bis Herbst 1919 geräumt; von den restlichen 50.000 waren mehr als 30.000 Minen bereits vor dem Frühjahr 1919 entweder abgetrieben oder während der Winterstürme explodiert. Während der sechsmonatigen Minenräumung waren 70 Minensuchschiffe mit weiteren 10 Begleitschiffen im Einsatz. cc. Zusammenfassung Obwohl die vorgestellten Zahlen die riesigen Dimensionen des 1. WK erkennen lassen, fällt es nicht leicht, sich ein Bild zu machen, wie sich diese in den betroffenen Seegebieten bemerkbar machten Einige Hinweise konnten gegeben werden. Aber "das Bild" erschließt sich nicht, weil die Daten fehlen, die zeigen könnten, was sich unter der Meeresoberfläche und, mit kleinen Einschränkungen, auch an der Oberfläche abgespielt hat. Es ist hilfreich, sich klarzumachen, dass dieser hohe Materialeinsatz und die riesigen Verlustmengen überwiegend ein räumlich begrenztes Gebiet rund um Großbritannien betraf. Alles Meerwasser dieser Region fließt gen Norden. Praktisch kann das für die Meeresstruktur vor Spitzbergen sich so ausgewirkt haben, als wenn der Seekrieg im Vorgarten des Archipels stattgefunden hätte. Nördlich von Spitzbergen vermischt es sich mit dem Wasser des Polarmeers und wirkt auf dessen interne Dynamik ein. d. Diskussion Der 1. Weltkrieg hat eine zentrale Rolle in der Klimaerwärmung seit 1918 gespielt. Wer dies bestreiten will, muss andere Kräfte benennen, die zeitlich und räumlich den Klimasprung im Winter 1918/19 bewirkt haben können. Die Frage ist nur: auf welche Weise? Es wurde bereits klargestellt, dass die anhaltende Erwärmung seit 1918 nur durch das Potential der Norwegischen See und dem atlantischen Teil der Arktis generiert worden sein konnte, aus den eigenen Wassermassen und/oder durch anhaltenden Zufluss von warmem Atlantikwasser. Das riesige Becken der Norwegischen See ist bis zu dreitausend Meter tief; als gewaltiges Wärmepotential ausreichend, den nördlichen Nordatlantik über die Winterzeit eisfrei zu halten und für regelmäßige Winde und Stürme zu sorgen. Es zählt nicht nur die pure Masse, sondern auch eine sehr komplexe Balance zwischen Wassertemperaturen und Salzgehalt auf den verschiedenen Wasserebenen und Tiefen auf den jeweiligen geographischen Breiten. Dabei kommt dem Zufluss von warmem Wasser aus dem Süden eine herausragende Rolle zu. Der Hauptstrom westlich von Schottland ist ungefähr sechs bis sieben Grad wärmer als die Wassermassen, die den Gebirgsrücken zwischen Island und den Färöer Inseln nordwärts überqueren. Der permanente Wasserzufluss in die Norwegische See entspricht ungefähr dem der achtfachen Menge aller Flüsse rund um den Erdball. Der Warmwasser-Zufluss repräsentiert eine Energiemenge, die der Leistung von 100.000 Großkraftwerken entspricht. Bei einer Fließgeschwindigkeit von ein bis vier Kilometer pro Stunde ist das Wasser in weniger als zwei Monaten nördlich des Polarkreises bei Spitzbergen angekommen. Das sind so gewaltige Dimensionen, dass man geneigt sein könnte, dem Seekrieg keinen so großen Einfluss zuzutrauen. Aber die Natur funktioniert nicht nach einem einfachen Schema. Die Physik offeriert viele Wege. So kann zum Beispiel eine sehr dünne Süßwasserschicht, die in einem großen Seegebiet in der Winterzeit auf der Oberfläche „schwimmt“, das tiefere Wasser komplett von der Atmosphäre isolieren. Eine Erklärung für die signifikante Erwärmung könnte sich auf die Tatsache stützen, dass der Seekrieg im Winter die Seegebiete rund um England frühzeitig ausgekühlt hat. Gut 15 Prozent der Wassermassen, die den Norwegen Strom speisen, kommen aus der Nordsee, die einen erheblich geringeren Salzgehalt hat als das Atlantik-Wasser. Je kälter Wasser ist, desto stärker tendiert es zum Sinken, wodurch salzhaltigeres Wasser im Becken der Norwegischen See nach oben gedrückt wird. Wenn es dann an der Oberfläche abgekühlt wird, sinkt es wieder schneller ab als weniger salziges Wasser. Für eine Meeresregion bedeutet es: Zwischen Krieg und Frieden kann es zu sehr unterschiedlichen Wasserumschichtungen kommen. Kommt bei Spitzbergen kälteres und salzigeres Wasser an als in normalen Zeiten, dann sinkt es auch schneller in das Arktische Becken ab. Es kann mehr Wasser vom nordatlantischen Golfstrom nachfließen und zur Erwärmung der Atmosphäre über dem Nord- und Polarmeer führen. Wahrscheinlicher ist, dass die Dicke der kalten Deckschicht, die über dem warmen Westspitzbergenstrom angetroffen wird, durch Wasser aus den Kampfgebieten die normale Stärke verlor. Die Deckschicht wurde dünner. Mehr Wärme konnte in die Atmosphäre transferiert werden. Die Verdünnung der Deckschicht wird durch Jules Schokalsky (1936) insofern bestätigt, als sie für den Zeitraum 1895 und 1935 von 200 m auf 100 m nachgewiesen ist. Betrachtet man für den gleichen Zeitraum die Entwicklung der Lufttemperaturen, dann kann es kaum Zweifel geben, dass es zu einer massiven Verschiebung in der Meeresstruktur am Ende des 1. WK gekommen sein muss. Das großräumige Klimaexperiment von 1914-1918 kann bewirkt haben, dass sowohl mehr warmes Wasser in Nordmeer zur Erwärmung der nördlichen Hemisphäre zur Verfügung stand, als auch, dass von dem warmen Westspitzbergenstrom und seiner Fortsetzung im Polarmeer eine höhere Wärmeeinspeisung in die Atmosphäre möglich wurde. Die zweite Alternative ist die wahrscheinlichere. e. Zum 1. Weltkrieg abschließend Welche Zweifel kann man noch haben, wenn sich für die rasante Erwärmung ab dem Winter 1918/19 nur der Seekrieg von 1914 bis 1918 als einzige physikalische Kraft anbietet? Selbst 90 Jahre nach dem Ereignis ist der 1. Weltkrieg für die Klimaforschung nicht existent. Sie bietet auch keine andere bewiesene oder wenigstens überzeugende Erklärung an. Sie begnügt sich mit der Feststellung, dass die arktische Erwärmung von 1920 bis 1940 eine der schwierigsten Klimaanomalien des 20. Jahrhunderts sei (Bengtsson et al. 2004), und bietet als Ursache nur "natürliche Variabilität" an. Andere Wissenschaftler verweisen auf "natürliche Fluktuationen innerhalb des Klimasystems" (Johannessen et al. 2004). Nur wenige verweisen wenigstens darauf, dass das warme und salzige Atlantikwasser eine wichtige Rolle in der thermalen Bilanz des Polarmeers haben kann (Polyakov et al., 2004). Von der Kernfrage, was den Temperatursprung im Winter 1918/19 im nördlichen Nordmeer bewirkte, sind alle noch weit entfernt. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sie weder bei der Bestimmung des Zeitpunktes noch bei der Ermittlung der Region Interesse und Präzision haben erkennen lassen. Auch den kalten Winter 1916/17, der sich von Frankreich über Großbritannien bis nach Spitzbergen erstreckte, hat die Wissenschaft bisher nicht wahrgenommen. Nicht anders sieht es mit der hohen Seevereisung im Nordmeer bis Juli 1917 aus. Solange diese Kriterien nicht erkannt, berücksichtigt und diskutiert werden, ist für die Erforschung des schwierigsten (most puzzling) Klimaereignisses wenig getan worden. Dabei ist dessen Erforschung nicht übermäßig schwierig, weil man sich auf die Wintersaison und, mangels Sonneneinflusses, auf den Einfluss des Meeres konzentrieren kann. Das führt zwingend zum Einfluss des Seekrieges, dem bis zum Beweis des Gegenteils eine maßgebliche Rolle zugeordnet werden kann. Diesen Kriterien hat die Klimaforschung kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Für weiters Material http://www.arctic-heats-up.com/ http://www.arctic-warming.com/ [1] Titel der USA-Ausgabe bei „iuniverse“ (nur s/w Grafiken): „How Spitsbergen Heats the World, The Arctic Warming 1919-1939. Titel der Ausgabe bei: BoD/ Norderstedt (mit ca. 100 Farbgrafiken): “Arctic Heats Up, Spitsbergen 1919-1939). Mehr Informationen auf Seite 175f. [2] Birkeland, B.J.; ‘Temperaturvariationen auf Spitzbergen’, Meteorologische Zeitschrift, Juni 1930, S. 234-236. [3] Nach Vorlagen erstellt von : http://polar.ncep.noaa.gov/seaice/climatology/months.shtml [4] Vor der norwegischen Küste ist das Meer 300, vor den Orkney Inseln 100 Meter tief. Die nördliche Strömung erreicht eine Fließgeschwindigkeit von 3 bis 4 Seemeilen (ca. 5 bis 7 km/h). Nächstes Kapitel J: ERGEBNIS Inhalt
- A1, A2, A3,
B, C1, C2,
C3, C4, C5,
C6, C7, C8,
C9, D, E1,
E2, E3, E4,
E5, E6, F,
G1, G2, G3,
H, I, NEXT>
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Zum Ergebnis: Kapitel J |
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