http://www.seatraining.de/         http://www.seatraining.de/  
 Buchneuerscheinung 2012
   War die Meteorologie zu unwissend, um Klimaänderungen und den 2. Weltkrieg zu verhindern?
Das Meer macht das Klima 

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt , 17 cm x 22 cm, Seiten 188,; 14 Farbtafeln; ca. 150 s/w Abbildungen, Preisempfehlung: Euro 19,50

Inhalt - A1, A2, A3, B, C1, C2, C3, C4, C5, C6, C7, C8, C9, D, E1, E2, E3, E4, E5, E6, F, G1, G2, G3, H, I, J, K-pdf, L-pdf  

  Home
 

 

A3. Wie der Mensch Klima macht - seit 160 Jahren

a. Kann der Mensch Wetter und
Klima ändern?

"Die Staaten sind verpflichtet, die Meeresumwelt zu bewahren und zu schützen" steht im bedeutenden internationalen Seerechtsübereinkommen von 1982. Die strikte Einhaltung dieser Verpflichtung würde zur Bewahrung des Wetters und Klimas maßgeblich beitragen. Stattdessen geht es in der Debatte über Klimaveränderungen  um die Zunahme der anthropogenen Emissionen von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre, was eine Aufheizung der Atmosphäre bewirken und damit nachhaltige Auswirkungen auf Wetter und Klima haben soll. Im Fokus stehen der Anstieg des CO2 und der Lufttemperaturen sowie die Frage, welcher Beitrag tatsächlich dem Menschen zuzuschreiben ist. 

·         Ja, der Mensch kann das Klima ändern

Dies ist die Ansicht der Mehrheit der Wissenschaftler. Die führende internationale Institution für die Beurteilung des Klimawandels, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), bestätigte die Position ausdrücklich in ihrem letzten Bericht 2007: 

Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig. Der überwiegende Anteil des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Temperatur seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist sehr wahrscheinlich durch die anthropogenen Treibhausgaskonzentrationen verursacht" (IPCC 2007).

Kohlendioxid (CO2) ist hier als das wichtigste anthropogene Treibhausgas aufgeführt. Der Effekt wird als "anthropogene globale Erwärmung" (AGW) bezeichnet. Diese Einschätzung wurde bereits in dem ersten IPCC- Bericht 1990 vertreten und hat sich längst in der globalen Politik etabliert.

Abb.A3-1; Nördl. Hemisphäre; Abw. T°C 

Abb.A2-2; Nordeuropa, Abw. T°C 

Abb.A2-3; Dänemark Winter (J/F), Abw. T°C

·         Nein, der Mensch kann das Klima nicht ändern!

Dies ist die Ansicht einer kleineren Gruppe von Wissenschaftlern und anderer an der Diskussion teilnehmenden Personen. Sie werden oft als  Klimaskeptiker oder Klimaleugner bezeichnet, weil sie den anthropogenen Anteil, zum Teil oder gänzlich, in Frage stellen.  Besonders der Titel eines Buches von Fred Singer (et al., 2008) bringt diese Meinung auf den Punkt: "Die Natur, nicht menschliche Aktivität, bestimmt das Klima". Das Buch  stellt folgende Thesen auf:

„Der Anstieg des Kohlendioxids ist nicht für die derzeitige Erwärmung  verantwortlich.“

„Politische Maßnahmen, die im Namen des ‚Kampfes gegen die globale Erwärmung’ ergriffen und gefordert werden, sind unnötig“.

„Die Hauptursachen für die Erwärmungs- und Abkühlphasen, die sich über Jahrzehnte erstrecken, lassen sich von der Sonnenaktivität herleiten“.

Diese Position empfiehlt, die Natur so zu akzeptieren wie sie ist und keine großen Geldsummen in die Verringerung der CO2-Emission zu investieren

·         Keine der beiden Positionen hat meine Zustimmung!

Für mich ist die Bewertung der Klimaveränderungen eine Sache der Ozeane. Nach Kinderjahren auf einer Nordseeinsel, einem längeren Berufsleben als Seemann und Kapitän auf Frachtschiffen, betrachtete ich die Ozeane als den bestimmenden Faktor des Wetters und des Klimas.  Die Diskussion über Klimaveränderungen und die Vermeidung eines anthropogenen Beitrages muss hier ansetzen. Im Jahre 1988 wurde mein Buch über das internationale Seerechtsabkommen von 1982 in England veröffentlicht.  Dieses Übereinkommen kann man nicht nur als die erste globale Verfassung bewerten, sondern auch als das beste Instrument, um die Meere zu verstehen und zu schützen. Der zitierte Eingangssatz steht in Artikel 192:

„Die Staaten sind verpflichtet, die Meeresumwelt zu schützen und zu bewahren.“

Diese Verpflichtung hat große Bedeutung für die Atmosphäre, das Wetter und das Klima, denn wenn der Mensch die Ozeane verstehen und schützen würde, wäre die Bedrohung durch  anthropogenen Klimawandel minimiert. Wird das versäumt oder zu spät begonnen, können Fehler nicht mehr korrigiert werden. Den Effekt, den ein verändertes Meeresökosystem auf das Klima hat, kann der Mensch nicht steuern, wie er das z.B. beim „Treibhauseffekt“ über die Reduzierung von CO2-Emmissionen zu können glaubt. 1992, zu Beginn der Klimadebatte, brachte ich meine Auffassung bereits in einem Brief an das Wissenschaftsmagazin NATURE zum Ausdruck: 

"Das Klima ist die Fortsetzung der Ozeane mit anderen Mitteln“.
(Nature, Vol. 360, 1992,  p. 292)

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Mensch, die Meere durch Schifffahrt und Fischerei weit intensiver zu nutzen als zuvor. Seitdem hat sich die Erde um etwa 0,7 ° C erwärmt und es kam zweimal zu einer Klimaveränderung. Vor 90 Jahren begann ein 20 Jahre währender Erwärmungszyklus, anschließend kühlte die Erde über drei Dekaden ab. Sowohl zu Beginn der Erwärmungs- als auch zu Beginn der Abkühlungsphase waren die Industriestaaten in Weltkriege verwickelt. Haben diese menschlichen Aktivitäten in der maritimen Umwelt zu Temperatur- und  Klimaveränderungen geführt, ohne dass dies bisher bemerkt bzw. untersucht wurde? 

b. Die Suche nach einem neuen Ansatzpunkt

Bereits der erste Bericht des internationalen Klimarates IPCC[1] (1990, Seite 76) schrieb dem Meer eine „wesentliche Rolle im Klimasystem“ zu. Dies wurde im jüngsten Bericht bestätigt, allerdings nur mit einem Satz: "Die Ozeane haben eine wichtige Rolle bei den Klimaschwankungen und Klimaveränderungen" (IPCC, 2007, Seite 389). Das hört sich richtig an, wird aber der Sachlage bei Weitem nicht gerecht, denn die Rolle der Meere findet in der wissenschaftlichen Literatur zum Klimawandel viel zu wenig Beachtung.

Vielmehr ist die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler und Politiker, die sich mit der Klimafrage befassen, der Überzeugung, dass das eigentliche Problem in den erhöhten Kohlendioxid-Emissionen liegt und der Mensch dazu einen wesentlichen Beitrag leistet. Eine Diskussion, die ihren Fokus nur auf das CO2 richtet, geht jedoch nicht weit genug. Im Jahr 1988 erreichte die Debatte sowohl die Politik als auch die breite Öffentlichkeit, als der NASA-Wissenschaftler James Hansen in einer Anhörung vor dem USA-Kongress die Ansicht vertrat, dass eine globale Erwärmung durch erhöhte CO2 Emissionen unvermeidlich sei. Dieser Ansicht folgte Al Gore in seinem Buch Earth in Balance – Forging a New Common Purpose”, das 1992, wenige Monate vor seinem Amtsantritt als US-Vizepräsident, erschien. Inzwischen wurde Al Gore mit einem Oscar für seinen Film "Eine unbequeme Wahrheit" geehrt sowie, gemeinsam mit dem IPCC, 

Temperaturkarte 2 (TK2)

mit dem Friedensnobelpreis. Die so verbreitete enge Sichtweise und die daraus resultierenden politischen Maßnahmen könnten sich als Gefahrenquellen für die moderne Industriegesellschaft erweisen. Im Zusammenhang mit dem Erscheinen des jüngsten IPCC-Reports von 2007 berichtete Der Spiegel am
21.02.2007[2]:

„Nur gigantische Investitionen und ein radikaler Politikwechsel können den Klimakollaps noch abwenden. Bis 2020 muss die Trendwende geschafft sein - das ist nach Informationen von SPIEGEL ONLINE die alarmierende Analyse des Weltklimarats. Die Uno-Experten sagen, was getan werden müsste.

Es geht um 16 Billionen Dollar - Sie lesen schon richtig. 16.000.000.000.000 Dollar sollen bis 2030 vornehmlich in CO2-arme Technologien gesteckt werden. Diese gewaltige Summe veranschlagen die Forscher des Weltklimarats der Uno als Kosten für jene Vollbremsung, welche die Menschheit noch vor dem Klimakollaps retten kann“. 

Da nehmen sich die ökonomischen Kosten für das größte von Menschen zu verantwortende Drama geradezu lächerlich aus: Geschätzte 1.600.000.000.000 US$ kostete der Zweite Weltkrieg[3]. Zum Vergleich: Der Gesamthaushalt der BRD für das Jahr 2009 liegt bei ungefähr 300 Milliarden Euro, d. h. rund 50 Jahre lang müsste dieser Betrag jährlich für die CO2-Verminderung eingesetzt werden. Das ist abenteuerlich, wenn die Hauptgefährdung der natürlichen Abläufe in der Atmosphäre in den Eingriffen des Menschen  in die Meeresumwelt besteht. 

Jede Veränderung dort wirkt zugleich auch auf die Atmosphäre. Spätestens seit einige völlig unerwartete Wetter- und Klimaphänomene in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg eintraten und mit modernen Methoden dokumentiert wurden, hätte ein Ruck durch die Wissenschaft gehen und ein neues Untersuchungsziel gesetzt werden müssen. Die Erforschung der menschlichen Aktivitäten in der Meeresumwelt und ihrer Auswirkungen auf die Meere und Ozeane! Es ist höchste Zeit, über die Schifffahrt, Fischerei, Yachten, Ölplattformen und Off-Shore-Windparks zu sprechen. Die Untersuchung sollte sich aber nicht auf die aktuelle Situation beschränken, sondern sich auch mit den Entwicklungen der letzten 150 Jahre beschäftigen. Bereits um 1850 gab es zwei Ereignisse, deren Wirkung auf Wetter und Klima bis heute anhält: Das Ende der Kleinen Eiszeit und die Umstellung des Schiffsantriebs vom Segel zur Schiffsschraube. Diese Vorgänge könnten einen erheblichen Anteil an den ca. 0,7 °C haben, um die sich die Erde seit Mitte des 19. Jahrhunderts erwärmt hat. Es ist an der Zeit, über die Klimaveränderung zu sprechen, die durch menschliche Aktivitäten auf den Ozeanen hervorgerufen wurde – und wird. 

Da die Meere als Transportweg genutzt werden, bedeutete der Wechsel vom Segel- zum Motorschiff auch eine erhebliche Verstärkung des menschlichen Eingriffs in die Meerwasserstrukturen. Mit dem Anwachsen des Schiffsverkehrs nahmen auch seine Auswirkungen von Jahr zu Jahr zu.  In diesem Zusammenhang sind vor allem zwei Aspekte bedeutungsvoll: Erstens Anzahl und Größe der in der  Meeresumwelt operierenden Objekte und zweitens die physische Struktur der Meerwasserschichten, in denen sich Schiffe und andere Objekte bewegen. 

Dazu einige Bemerkungen:  

 (aa) Die Schifffahrt ist die bei weitem bekannteste, wichtigste und massivste menschliche Nutzung der Meere.  Derzeit besteht die Welthandelsflotte aus etwa 40.000 Schiffen (Schiffe von 1.000 

Abbildung: Abb. A3-4 

Tonnen und mehr). Schiffe von über 1.000 Tonnen Verdrängung haben einen Tiefgang zwischen 3 und 15 Meter und eine Geschwindigkeit von etwa 12 bis 25 nautischen Meilen pro Stunde (22 bis 45 km/h). Pro Tag können sie ungefähr 500 bis 1000 Kilometer zurücklegen. Eine Erfassung aller mit Motor und Antriebschraube ausgestatten Boote und Schiffe mit einem Tiefgang von wenigstens einem Meter dürfte mehrere Millionen Einheiten ergeben – eine Armada, die eine Fläche in der Größe des Nordatlantiks wohl mehr als einmal in einem Jahr in Bewegung bringen, ja regelrecht „durchrühren“ könnte.            
           (bb) Bevor Motorschiffe die Meere befuhren, gab es nur eine externe Kraft, die diesen „Umrühreffekt“ bewirken konnte: den Wind. Sein Einfluss kann die oberen Meerwasserschichten in Bewegung bringen und dabei neu miteinander vermischen. Bei sehr stürmischen Bedingungen reicht der direkte  Einfluss des Windes bis zu einer  Wassertiefe von maximal 50 Metern.  Die sich seit 150 Jahren ständig vergrößernde Schiffs- und Bootsflotte hat auf die Meeresumwelt eine ähnliche Wirkung wie Wind, jedenfalls was den Temperatur- und Salzgehalt der oberen Wasserschichten betrifft.

Die physikalische Beschaffenheit der Ozeane kann man grob unterteilen in die Tiefsee (unter 1000 m, sehr stabil), die Sprungschicht (200-1000 m), und die Mischschicht (obere 200 m). Der obere Teil der Mischschicht ist die Sphäre, auf die Sonne, Wind und Schiffsschrauben direkten Einfluss haben. Sie greifen in die Struktur der Meeresoberfläche ein, über die alle Interaktion mit der Atmosphäre stattfindet. Der Vorgang ist hoch komplex und würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen – daher hier nur einige Hinweise:  

Abb. A3-5

Jeden Tag bewegen sich Schiffe und Boote zigmillionen Meilen durch ein Medium mit hochkomplexen physikalischen Bedingungen. Je 2000 Handelsschiffe legen jeden Tag ungefähr eine Million Kilometer zurück. Die größeren Schiffe der Welthandelsflotte können eine Meerwasserfläche von der Größe der Nordsee in nur kurzer Zeit bis zu einer Tiefe von bis zu einem Dutzend Metern vollständig durchmischen. Schiffe befahren die Meere Tag und Nacht, im  Sommer wie im Winter, ob die See glatt ist oder rau. Sie fragen nicht danach, ob die von ihnen befahrene Wasserschicht stark salzhaltig oder von Regenwasser verdünnt ist.  Im Sommer kann der Temperaturunterschied zwischen der Oberfläche und der direkt darunter liegenden Wasserschicht mehrere Grad betragen. Doch genau dieser Temperaturunterschied innerhalb der oberen Wasserschicht wird im Kielwasser eines Schiffes ausgeglichen. Im Winter bewirkt ein Schiff, dass abgekühltes Oberflächenwasser durch wärmeres Wasser ersetzt wird. Dadurch kann mehr Wärme in die kalte Winterluft abgegeben oder die Bildung einer Eisschicht verzögert werden.                                   
Die Liste der möglichen Folgen ist vermutlich endlos und eine detaillierte Darstellung und Analyse schwierig, da sich die Wissenschaft hauptsächlich mit der Atmosphäre, d. h. dem CO, befasst und über die Auswirkungen der Schifffahrt und vergleichbaren menschlichen Einflüssen auf die Meere nichts sagen kann. Zu diesen Fragen liegen nicht einmal Thesen vor. Ist über 150 Jahre hinweg an wichtigen Grundsatzfragen vorbei geforscht worden?  

In Anbetracht dieses Mangels muss sich diese Untersuchung darauf beschränken, den möglichen Anteil von Seekriegsaktivitäten an den beiden nachhaltigsten Klimaverschiebungen der letzten 150 Jahre zu untersuchen und mit Beispielen zu illustrieren. Obwohl sich diese Untersuchung dabei auf nur zwei Klimaereignisse beschränkt, darf man nicht vergessen, dass es um die Auswirkungen der Meeresnutzung insgesamt geht. Die Darstellung der Seekriege bzw. ihrer Wirkung auf Wetter und Klima sind nur als Beispiele zu verstehen.

c. Zwei Weltkriege – Zwei Klimaveränderungen

 Anhand der Betrachtung zweier historischer Klimaereignisse soll der Nachweis erbracht werden, dass Aktivitäten des Menschen in der maritimen Umwelt zu Klimaveränderungen beigetragen haben. Kurz- und langfristige sowie saisonale Wetterbedingungen wurden nachhaltig beeinflusst – ohne dass die moderne Wissenschaft die riesigen Marineflotten des Ersten und Zweiten Weltkrieges damit in Verbindung brachte. Die thematische Eingrenzung auf zwei sehr kurze Zeiträume ist – wie bereits erläutert – nicht die beste Lösung,  aber sie reicht aus, um einen direkten Einfluss des Menschen auf das Wetter nachzuweisen. Zwei Weltkriege – zwei Klimaveränderungen. Die in dieser Arbeit dargestellten Ereignisse belegen, dass Ozeane „Wetter machen“. Es sind die Ozeane, die langfristige Wetterentwicklungen (Klima) bestimmen, und sie reagieren äußerst empfindlich auf menschliche Eingriffe in ihr Ökosystem – seien es langfristige Aktivitäten wie die Schifffahrt oder kurzfristige wie etwa Seekriege.              

Abb. A3-6


Die zwei Seekriege, 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945, stellten einen gewaltigen Eingriff in die Meeresumwelt dar. Wenn man den Wahnsinn dieser Ereignisse ignorierte, könnte man sie durchaus als hilfreiche Großversuche in Sachen Wetter und Klima werten. Vom wissenschaftlichen Standpunkt betrachtet werfen die Feldversuche allerdings viele Fragen auf. Während dem ersten Seekrieg eine Erwärmung über zwei Jahrzehnte folgte, trat mit Beginn des zweiten Seekrieges eine globale Abkühlungsphase über drei Dekaden ein. Letztere nahm ihren Anfang in Europa auf eindrucksvolle Weise: mit drei aufeinanderfolgenden Extremwintern. Die Wissenschaft hat sich bisher kaum mit diesen Phänomenen beschäftigt; die Ergebnisse bisheriger Forschung sind mehr als dürftig und zudem oberflächlich.

Ist also alles Wesentliche gesagt? Keineswegs! Noch ist nicht beantwortet, was A. J. Drummond 1942 in Erstaunen versetzt hat: 

„Dieses Jahrhundert ist durch eine so weit verbreitete Tendenz zu  milden Wintern geprägt worden, das man meinte, die ‘altmodischen Winter’, von denen man so viel gehört hatte, seien für immer verschwunden“

Um die Gründe für den plötzlichen Abschied der milden Winter zu verstehen, müssen die Ursachen der drei ersten Kriegswinter 1939/40, 1940/41 und 1941/42 ergründet werden. Wann, wie und in welchem Umfang weisen wetterrelevante Ereignisse in diesen Kriegswintern auf einen anthropogenen Beitrag hin?  

Der Untersuchung dieser Frage kommt zugute, dass die Seekriegsaktivitäten sich in den ersten drei Kriegswintern im Wesentlichen auf die nordeuropäischen Meere beschränkten, also Gebiete, in denen die Sonneneinstrahlung im Winterhalbjahr begrenzt ist. Die Wärme, die Zentral- und Nordeuropa im Winter zur Verfügung steht, muss entweder vom Atlantik oder der Nord- und Ostsee kommen – der Wärmehaushalt des Festlandes ist also viel stärker von den Ozeanen abhängig als im Sommer. Aus dem gleichen Grund wird das Mittelmeer, wo die Sonne auch im Winter erheblichen Einfluss hat, in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt. Obgleich dort ebenfalls Seekriegsaktivitäten in größerem Umfang stattfanden, wäre es  weit schwieriger, den anthropogenen Einfluss gegen den der Sonnenwärme abzugrenzen.

Die drei Kriegswinter 1939-42 in Zentral- und Nordeuropa bilden also den Schwerpunkt dieser Untersuchung. Dabei kommt dem Winter 1939/40 eine besondere Bedeutung aus wenigstens drei Gründen zu:  

·         Es war in Zentraleuropa (z. B. Berlin, Prag, Warschau) der kälteste Winter seit über 110 Jahren.

·         Der Wintereinbruch kam völlig unerwartet und überraschend.

·         Der Krieg bzw. der Seekrieg griff unvorbereitet in den „natürlichen Lauf der Dinge“ ein, d. h. er traf auf eine unverfälschte Ausgangslage (statistischer Durchschnitt). Bereits wenige Monate später muss davon ausgegangen werden, dass der Krieg sowohl in der Atmosphäre wie im Meer Strukturverschiebungen bewirkt hat und die natürlichen Abläufe sich entsprechend verändert haben.    


Aber auch andere wichtige Ereignisse, die in einem engen Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen stehen, werden hier dargestellt und diskutiert, soweit sie der Klärung von Zusammenhängen dienen. Dabei geht es um folgende Ereignisse:  

___Die plötzliche Klimaänderung gegen Ende des Ersten Weltkrieges, die zu einer Erwärmung der Winter in der nördlichen Hemisphäre führte; eine Warmzeit, die bis zum Jahr 1940 andauerte. 

___Die globale Abkühlung, die zeitgleich mit dem Zweiten Weltkrieg begann und in engem 

Abb. A3-7

Zusammenhang mit zwei Ereignissen steht:              

·         zum einen mit dem Seekrieg im Atlantik (1941-44), 

·         zum anderen mit dem Seekrieg im westlichen Pazifik (1942-45). 

Hinsichtlich der Ereignisse, die nicht zu den drei Kriegswintern 1939-42 gehören, sollten die Erwartungen an den Nachweis ihrer tatsächlichen Wirkung auf Ozeane und Klima nicht zu hoch angesetzt werden. Das hier verarbeitete Material wird trotz vieler Korrelationen und überraschender Verbindungen für einen wissenschaftlichen Vollbeweis nicht reichen. Dennoch würde ich die beschriebenen anthropogenen Einflüsse als relevant (= 1% - 5%) bzw. signifikant (Einfluss > 5%) bezeichnen.  

Zur Veranschaulichung meiner persönlichen Einschätzung hier zwei Zahlenbeispiele:

·         An der plötzlichen Erwärmung in der Arktis (Beginn Winter 1918/19, Ende Winter 1939/40) war der Seekrieg beteiligt: relevant (>99%), signifikant (> 75%).  

·         An der globalen Abkühlung von 1940 bis Mitte 1970 war die Beteilung des Seekrieges: relevant (> 90%), signifikant (> 50).  

Um zu so einer Einschätzung zu kommen, muss zunächst der Nachweis eines Zusammenhangs zwischen dem Seekrieg und den drei Kriegswintern 1939-1942 gelingen. Sollte dagegen nachgewiesen werden, dass diese Winter aufgrund „natürlicher Variabilität“ so kalt ausgefallen sind und ein menschlicher Beitrag nicht in Betracht kommt, wären auch die weiteren hier untersuchten Ereignisse wenig geeignet, einen Zusammenhang zwischen Seekrieg und Wetterentwicklung zu veranschaulichen.  

Die Untersuchung verkennt nicht, dass heute mehr und größere Schiffe die Meere befahren als dies während der Weltkriege der Fall war. Demnach müssten wir heute auch ihre Auswirkungen stärker spüren. Ein solcher Vergleich würde die „Empfindlichkeit“ der Meere jedoch eher hervorheben als abschwächen. Der Unterschied zwischen heute und damals liegt darin, dass die Schifffahrt über die letzten 150 Jahre hinweg langsam und stetig angewachsen ist. Das Meeresökosystem hatte dadurch genügend Zeit, sich den Veränderungen anzupassen und ein neues Gleichgewicht zu schaffen. Ein Ergebnis dessen ist der unbestrittene globale Temperaturanstieg. Demgegenüber vermehrte sich die Anzahl der Schiffe in den Kriegsperioden plötzlich und explosiv, ihr Einwirken auf den Ozean war intensiv und erreichte weitaus größere Wassertiefen (U-Boote, Wasserbomben, Minen u. s. w.) als etwa Handelsschiffe, die vergleichsweise geringen Tiefgang haben.

Abb.  A3-8

       Diese Untersuchung wird der Armada von mehreren Millionen von mit Schrauben angetriebenen Booten, Yachten, Fischereifahrzeugen, Schleppern, Fähren, sowie den Transport-, Passagier-, Kriegsschiffen, etc. ebenso wenig Aufmerksamkeit schenken können wie den Öl-Plattformen und  Off-Shore-Windparks. Das ist bedauerlich, denn in Anbetracht der Ziele internationaler Abkommen, die Meeresumwelt zu bewahren und zu schützen, hätte die Wissenschaft sich mit der Frage nach den Auswirkungen der Meeresnutzung durch Boote, Schiffe und Windparks längst umfassender befassen müssen. Angesichts dieses Versäumnisses erscheint es notwendig, die Seekriege näher zu betrachten – die man gewissermaßen als Großversuche bezeichnen könnte. 

d. Bemerkung zu den Begriffen  "Wetter" und "Klima"

Das Buch wird die Begriffe "Wetter" und "Klima" verwenden, wie sie derzeit in der wissenschaftlichen Diskussion verwendet werden. Aber es wird mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass der Verfasser mit der Verwendung der Begriffe nicht einverstanden ist. Beide Begriffe stammen aus der Laiensprache und beschreiben Eindrücke, Beobachtungen bzw. Erwartungen, die ein Mensch bezüglich der Atmosphäre hat.  Was ‚Wetter’  ist, definiert die Wissenschaft nicht.  


In der Wissenschaft wird „Klima“, wie von Laien, als das durchschnittliche Wetter definiert
[4]. Ohne zu sagen, was „Wetter“ ist,  lässt sich Klima aber nicht beschreiben. Der Zustand der Atmosphäre umfasst viele Dutzend, wenn nicht Hunderte von Begriffen und Beschreibungen. Da sich dies in den Worten „Wetter" und "Klima“ nicht widerspiegelt, sind sie wissenschaftlich inhaltslos. Dieser Unsinn hat sogar den Weg in das für den Schutz der Atmosphäre maßgebliche Übereinkommen gefunden. Das UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen (1992) definiert in seinem Text weder "Wetter" noch "Klima". Trotzdem wird der Begriff  "Klima" im Titel des Übereinkommens verwendet, sowie um die folgenden Begriffe zu definieren:  

·         ___Nach Artikel 1, Abs. 2, bedeuten "Klimaänderungen" Änderungen des Klimas, die unmittelbar oder mittelbar auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen sind, welche die Zusammensetzung der Erdatmosphäre verändern und zu den über vergleichbare Zeiträume beobachteten natürlichen Klimaschwankungen hinzukommen. 

·         ___Nach Artikel 1, Abs. 3, bedeutet "Klimasystem" die Gesamtheit der Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre und Geosphäre sowie deren Wechselwirkungen.

Es ist unzureichend, wenn „Klimaänderung“ nur als „Änderung des Klimas“ durch menschliche Tätigkeit bezeichnet wird. Die Definition von "Klimasystem" trägt kaum zur Verständlichkeit bei, denn dort wird nur allgemein auf den natürlichen Lebensraum hingewiesen. Auch Wetter oder Wettersystem würde man als „Gesamtheit der Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre und Geosphäre sowie deren Wechselwirkung“ beschreiben können, ohne jeglichen Erkenntnisinhalt. Bei einer solchen Weitschweifigkeit wundert es schon, dass die Sonne, die der überragende Faktor ‚aller Systeme’ ist, nicht erwähnt wird. Alle genannten Faktoren wirken mit, aber Wetter und die darüber geführte Statistik (Klima) wird auf unserem „Felsbrocken im All“ von Wasser gemacht (siehe Abb.A3-4, Seite 13), und die moderaten irdischen Temperaturen garantiert von den Meeren. Der Mond bekommt die gleiche Sonnenbestrahlung wie die Erde, aber unterliegt mangels Meere, keine Temperaturschwankungen um rund 300°C innerhalb eines Tages. Da die Meere das Wetter- und Klimasystem bewirken und steuern, ist es gerechtfertigt, als Definition vorzuschlagen: 

„Klima ist die Fortsetzung der Meere mit anderen Mitteln“,
wobei ‚Mittel’ sich insbesondere auf die Wärmekapazität sowie unter anderem
auf die Einspeisung von Wasser in die  Atmosphäre bezieht.

 

e. Bemerkung zur weiteren Darstellung

 Hinsichtlich einiger Bereiche wird die Untersuchung sich auf das Wesentliche beschränken. Dies betrifft insbesondere die historische Darstellung des Seekrieges und allgemeiner Fragen der Meteorologie und Ozeanologie. Natürlich werden Informationen, die für das Verständnis des Grundthemas erforderlich sind, berücksichtigt – aber ich beschränke mich auf die Bereiche, die direkt mit dem Einfluss menschlicher Aktivitäten auf den maritimen Bereich und einem damit zusammenhängenden Klimawandel zu tun haben. Für detaillierte Informationen über den Seekrieg oder wissenschaftliches Lehrbuchwissen empfehle ich, entsprechende Fachliteratur heranzuziehen. Wissenschaftliche Literatur und Informationen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsthese stehen, werden mit Autor und Jahr zitiert und sind mit vollständiger Referenz in der Literaturliste im Anhang vermerkt (S.159ff). Zahlreiche  Zitate aus dem Englischen sind eigene Übersetzungen und häufig nur sinngemäß ins Deutsche übertragen worden. 

ERGÄNZUNG 
(nicht im Buch)

Aristoteles zum Wasserkreislauf
[Material von Detlev Möller *)]

Während die Erde ruht, strömt die Feuchtigkeit ihrer Umgebung, durch die Sonnenstrahlen und die sonstige Wärme von oben verdampft, aufwärts; und wenn nun die Wärme, die alle Feuchtigkeit nach oben geführt hat, diese wieder verlassen hat, ... dann tritt der durch Entzug der Wärme abgekühlte Dampf wieder zusammen und verwandelt sich aus Luft in Wasser zurück, das als Regen wieder auf die Erde herabfällt. Die Verdunstung des Wassers ist Dampf, die Verdichtung der Luft zu Wasser ist Wolke, und Nebel ist das, was bei der Rückverwandlung in Wasser zurückbleibt.
                       (Ernst Grumach (Ed.): Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, Berlin 1959)
 

Aristoteles, the big Ionian philosopher, teacher of Alexander the Great, 
who wrote the textbook “
Meteorologica
 
(The Rainbow)
**) described the water cycle as follows:

The earth is at rest, and the moisture above it is evaporated by the sun’s rays and the other heat from above, rising upwards; but when the heat which causes it to rise leaves it, … then the vapour cools down and condenses again as a result of the loss of heat and the height and turns from air into water. The exhalation from water is vapour. The formation of water from air produces clouds.) 
       English version from R. A. Anthes, H. A. Panofsky, J. J. Cahir and A. Rango (1975); The atmosphere.
                                                         Charles E. Merril Publ. Comp.,  Ohio USA) 

  *) D. Möller, 2004; “Historical overview in recognizing the atmosphere: From the antiquity till industrial revolution”; Modular Script System: Atmospheric Chemistry and Air Pollution Brandenburg Technical University D-03044 Cottbus, (online PDF;  
                                     
http://www-docs.tu-cottbus.de/luft/public/pdf_scripts/DM_S2_Historical_Aspects.pdf)

  **) Aristoteles. Meteorologia. Eleganti Iacobi Fabri Stapulensis Paraphrasi explanata. Commentarioque Ioannis Coclaei Norici declarata ad foelices in philosophiae studiis successus calcographiae iamprimum demandata. Nürnberg, F. Peypus, 1512. First printing in  Germany of this valuable edition by the great French humanist Jacques Lefevre d'Estaples. It contains three sections on geophysics, astronomy, hydro- and climatology, which were the main sources of knowledge for the idea of nature at the turn from medieval to modern times.

 

Abb.A3-9: Kielwasser, Torpedoboot – Herbst 1939. 

Abb.A3-10:   Kielwasser,  Ostseefähre 2011      


[1]  IPCC; Intergovernmental Panel on Climate Change:  „Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaveränderungen“, in der deutschen Presse auch als „UNO Klimarat“ bezeichnet. 

[3] Direkte ökonomische Kosten (direct economic costs of WWII) veröffentlicht von:  honoluluadvertiser  (year: NN); http://the.honoluluadvertiser.com/peaceinthepacific/numbers ; Quellenangabe: The National D-Day Museum. (Zuletzt gecheckt: 20 August 2011).

[4] World Meteorology Organisation (WMO): The climate, in a narrow sense, can be considered as the “average weather, …”;  http://www.wmo.int/pages/themes/climate/understanding_climate.php

Inhalt - A1, A2, A3, NEXT>   B, C1, C2, C3, C4, C5, C6, C7, C8, C9, D, E1, E2, E3, E4, E5, E6, F, G1, G2, G3, H, I, J, K-pdf, L-pdf 

 

  Home