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War
die Meteorologie zu unwissend, um Klimaänderungen und den 2. Weltkrieg
zu verhindern? |
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ISBN 9783842365063
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E5. Welche Beweise bietet die Ostseevereisung an? a. Eiswinter, der nicht zu übersehen ist Der schwedische Eisbericht für 1941/42, verfasst von Gösta H. Liljequist, beginnt wie folgt: Nach den beiden strengen Wintern 1939/40 und 1940/41 und den Schwierigkeiten, die diese für die Seefahrt und die Brennstoffversorgung des Landes mit sich führten, hatte man wohl darauf gewartet und gehofft, dass der Winter 1941/42 zu einer Wiederkehr der milden Winter, wie sie davor waren, führen würde. Stattdessen wurde dieser Winter zu einem der härtesten, wenn nicht zum härtesten aller Winter in den letzten 200 Jahren. (Liljequist, Isvintern 1941/42, SMHI 1942) Um zu erkennen, dass die Eisbedingungen in der Ostsee im Winter 1941/42 ohne den Seekrieg im 2. Halbjahr 1941 weniger schwer verlaufen wären, wenn nicht ganz anders, muss man sich nur den Verlauf, wie den frühen Beginn, die Ausbreitung, die Eisdicke und den langen Bestand der Vereisung anschauen. Der Beginn der Vereisung wurde schon einmal angesprochen (oben Abschnitt E1d). Der Verlauf ergibt sich aus den Eisberichten von Dänemark, Schweden und Finnland und ist auf Grund von beigefügten Eiskarten recht gut dokumentiert. Entsprechende Unterlagen aus Deutschland gibt es nicht, da sie verloren gegangen sein sollen. b.
Aus dem dänischen Eisbericht
Der Winter 1941/42 war außergewöhnlich anhaltend und kalt,
obwohl der Dezember noch Temperaturen über den Normalwerten hatte. Das
erste Eis wurde am 4. November beobachtet, was ein extrem früher
Zeitpunkt war. Konstantes Eis setzte erst ab 7. Januar ein und schloss die
Wasserstraßen am Monatsende. Für den Stand am 21. Januar 1942 siehe Abb.
E1-5, S. 96. Das Eis war von Dauer. An vielen Stationen bestand es für
mehr als 100 Tage, das Maximum lag bei 122 Tagen. Die Eisdicke lag 30 cm
über dem Durchschnitt, an ein paar Stellen mehr als 70 cm. Der Report hat
7 Eiskarten in der Zeit vom 21. Januar bis zum 12. April, von denen hier
die für den 2. Februar gezeigt wird. Siehe Kapitel E1, Abb.E1-5, und die
Eiskarten in diesem Anschnitt. Das letzte Eis wurde am 15. Mai 1942
beobachtet. c. Aus dem schwedische Eisbericht verfasst von G. Liljequist Im Bottnischen Meerbusen begann und endete die Eissaison nahe den Durchschnittswerten. Demgegenüber startete die Vereisung in der zentralen Ostsee und an der Westküste von Schweden im frühen Januar, zwei Wochen früher als das langfristige Mittel. Das Eis nahm mächtig zu mit dem gewaltigen Zustrom kalter Luft am 24. Januar, als die Temperaturen im ganzen Land zwischen -25 und -30°C lagen, während ein starker Wind mit 6 Beaufort Stärke und mehr wehte. Wegen dieser östlichen bis nordöstlichen Winde formierte sich starkes Packeis entlang der schwedischen Küste. Gotland wurde dadurch im Februar für vier Wochen und im März für drei Wochen vom Festland abgeschnitten. Gegenüber anderen Jahren begann die Tauphase spät und verlief sehr langsam. Das betraf besonders die Westküste und die Sunde, wo sich das Eis bis Ende April oder Anfang Mai hielt. Das war zwei Monate später als normal bzw. die längst anhaltende Eislage in der Beobachtungsreihe, die im Jahr 1870 begonnen wurde. Am 6. Juni waren alle Küsten eisfrei. Im Bottnischen Meerbusen betrug die Eisstärke im Norden 100 cm (max. 125 cm) und 60 cm im Süden (Bottnische See). In der zentralen Ostsee lagen die Werte zwischen 50 – 90 cm, in den Sunden und an der Westküste wurden 50-60 cm ermittelt. Die Wissenschaft sollte Notiz nehmen von einem ungewöhnlichem Ereignis, von dem Liljequist berichtet: An der Westküste, besonders vor Göteborg, zeigte sich in der zweiten Januarhälfte ein interessantes Phänomen. Trotz der starken Kälte taute das Eis von unten her, und an einem Tag gab es an manchen Stellen offenes Wasser, wo vorher das Eis dick und befahrbar gewesen war. Ein Teil der Skärgård-Inseln wurde auf diese Weise isoliert, da das Eis weder trug noch brach. Wenn Liljequist von einem Phänomen spricht, war es ein dem schwedischen Eisdienst unbekannter Vorgang, und es wäre an der Zeit zu wissen, ob diese ‚Löcher’ mit militärischen Maßnahmen oder Ereignissen in einem Zusammenhang standen. Liljequist kommt zu dem Ergebnis, dass der Eiswinter 1941/42 in der Ostsee schwerer war als in den beiden vorausgegangenen Kriegswintern und im Bottnischen Meerbusen diesen vergleichbar. Die Eisperiode dauerte besonders lange an der schwedischen Westküste und in den Sunden. d. Die Bewertung des finnischen Eisexperten Erkki Palosuo Erkki Palosuo war während des Krieges als Flugpilot für Eisbeobachtungen eingesetzt. Nach dem Krieg studierte er Meteorologie und wurde ein führender Eisexperte mit zahlreichen Publikationen. Mit dem Eiswinter 1941/42 setzte er sich über 50 Seiten in einem Aufsatz von 1953 auseinander, aus dem die folgenden Informationen entnommen sind. Diese beschränken sich weitgehend auf den Finnischen Meerbusen (Golf von Finnland), da hier, neben der östlichen Ostsee, der Schwerpunkt der seekriegerischen Auseinandersetzung im Rahmen des Feldzuges „Barbarossa“, seit dem 22. Juni war. Hier lagen auch die meisten Seeminenfelder. __Früher als gewöhnlich gab es Eis im nördlichen Teil des Bottnischen Meerbusen. Viel bemerkenswerter war die ungewöhnlich frühe Eisbildung im Süden. In der Region des Golfs von Finnland bildete sich während mehrerer Frostperioden, beginnend Ende Oktober, Eis in den Buchten. In einer dritten Frostperiode, Mitte November, bildete sich zwischen den Inseln im Golf von Finnland Eis. Drei Frostperioden bereits bis zu diesem Zeitpunkt waren sehr ungewöhnlich. __Eine weitere und vergleichsweise schwere Frostperiode startete im frühen Teil des Dezembers. Bis Dezembermitte war, „soweit man es von Land aus sehen konnte“, der innere Teil des Golfs von Finnland, westwärts (von Leningrad) bis nach Pellinki (ca. 50 km östlich von Helsinki), mit Eis bedeckt. __Gegen Jahresende waren in dem neuen Eis viele "offene Flächen" mit einem Durchmesser von 10-15 m, eine höchst ungewöhnliche Beobachtung (Anm.: Palosuo diskutiert auf Seite 35 die möglichen Ursachen des Phänomens, bringt sie aber nicht in Zusammenhang mit dem Seekrieg, z. B. U-Booten, Seeminen oder Bombenabwürfen). __ Noch vor Jahresende brachte starker Wind das Eis zum Driften, und am 31. Dezember wurde es an die finnische Küste gepresst, wo es sich vor Porkkala, wie auch an anderen Orten, bis zu ca. 4 Meter Höhe stapelte. __Als es am 6. Januar zu einem starken Ausbruch arktischer Luftmassen aus Nordfinnland kam, formierte sich über Skandinavien ein Hochdruckkeil mit sehr hohem Luftdruck. Am 15. Januar erreichte der Luftmassenausbruch Deutschland, wo sich ein Kaltlufttropfen bildete (vgl. für 1939/40, C7). __In dem Åland Archipel kam es zur schnellen Vereisung (16. Jan. 5 cm; 30.Jan. 26-30 cm). __Wegen stürmischer Winde Ende Januar, bewegte sich das bestehende Eis und beeinflusste die Eissituation in der offenen See westlich des Golfs von Finnland und der nördlichen Ostsee erheblich. Zwar ist so ein Vorgang durchaus im Rahmen des Normalen, aber dass es so früh und so deutlich geschah, war ungewöhnlich. __Am 31. Januar ergab ein Aufklärungsflug, dass der östliche Teil des Golfs von Finnland ganz mit einer ungebrochenen Eisdecke bedeckt war, was durch einen weiteren Flug am 4. Februar bestätigt wurde. __Im frühen Februar ergaben alle zugänglichen Informationen, einschließlich einer deutschen Quelle vom 5. Februar, dass die gesamte Zentrale Ostsee mit Eis bedeckt war. Anmerkung: Den genauen Zeitpunkt der Vereisung zu ermitteln, erwies sich als schwierig, aber sie könnte um den 6. Februar eingetreten sein, als ein sehr harter Frost bei ruhigem Wetter vorherrschte und die Vereisung vorantrieb. Vgl. dazu die Eiskarte vom 11. Februar 1942, Abb.E5-3, die eine Vollvereisung zu diesem Zeitpunkt bestätigt. __Der Höhepunkt der Vereisung war im Kattegat und im Skagerrak ungefähr am 14. März und am 20. März im nördlichen Teil der zentralen Ostsee. __Im Golf von Finnland wurde das letzte Eis am 27. Mai gemeldet, im Bottnischen Meerbusen am 13. Juni 1942. Zur Eisdicke berichtet E. Palosuo: Die absolut größte Eisstärke in der Ostsee ereignete sich im Winter 1941/42. Eine Dicke von bis zu 115 cm wurde im Norden des Bottnischen Meerbusen, 80-100 cm im Golf von Finnland gemessen (unten Abb. E5-5). An der Station Barösund-Bagaskär, ca. 80 km westlich von Helsinki, wurde statt üblicher 38 cm eine Dicke von 80 cm gemessen, siehe unten Abb. E5-6. Diese Station lag auf halbem Weg zum weiter westlich liegenden Hanko, das nur wenige Wochen vorher von den Russen unter schweren Verlusten evakuiert werden musste (s. E3). e. Diskussion Der
Verlauf der Seevereisung gibt mehrere Hinweise auf den Einfluss des
Seekriegs in Nord- und Ostsee. Es begann mit Eis auf der Elbe, der Eider
und in Norddänemark schon im November, obwohl in beiden Ländern die
darauffolgenden Dezembermonate als milde beschrieben werden. Andererseits
wird sodann die Seeeissituation an der schwedischen Westküste und in den
Sunden ab Januar als besonders schwer und besonders ungewöhnlich
bezeichnet, so dass diese drei Phasen mit Seekriegsaktivitäten in einem
Zusammenhang stehen können. Zum einen beginnt die Dauervereisung in der
Deutschen Bucht um ca. 1 bis 2 Wochen früher als in Travemünde und Kiel
(siehe E1), zum anderen deuten auch die erwähnten Eisbildungen in Norddänemark
(4. November und dann ab 7. Januar 1942) darauf hin, dass die östliche
Nordsee wenig Wärmekapazitäten hatte. Die dann im Januar, trotz harter Kälte,
spät einsetzende Vereisung verlief schnell und nachhaltig, was dafür
spricht, dass dieser Zeitpunkt durch Marineaktivitäten hinausgezögert
wurde.
Dieser Mechanismus war deutlich im nördlichen Bereich der zentralen Ostsee, im Golf von Finnland erkennbar. Obwohl einerseits sehr früh schon Eis in den Buchten Südfinnlands auftauchte und seit Dezember die Temperaturen im Durchschnitt weit unter den Normalwerten lagen, waren große Flächen des Golfes noch sehr lange offen. Als sich dies erst gegen Ende Januar änderte, verlief der weitere Vereisungsprozess dramatisch bezüglich der Geschwindigkeit, Ausdehnung und Eisstärke. Schon in der zweiten Februarwoche war die Ostsee komplett zugefroren. Diese rasant schnelle und dauerhafte Vereisung ist ein starker Nachweis für den ursächlichen Zusammenhang mit den in diesem Seegebiet vorausgegangenen militärischen Kampfhandlungen. Daran knüpft sich auch der zweite Ursachenzusammenhang an, der sich aus der Eisstärke ableiten lässt. Sie lag zum Teil doppelt so hoch wie die Normalwerte. Dazu kommt es insbesondere dann, wenn der Wasserkörper schon stark ausgekühlt ist, bevor sich eine geschlossene Eisdecke bildet. Diesen Zusammenhang zu verstehen, bedarf es keiner großen Versuche. Er wurde ganz praktisch im Winter 1941/42 an der finnischen Station Barösund (Abb. vorstehend), die mehr als die doppelte Normalstärke ausweist, bestätigt. Das Zustandekommen und der Verlauf des Eiswinters 1941/42 erbringen einen Nachweis über die Wirkung menschlichen Handelns auf den Wasserkörper der Ostsee und damit auf die Atmosphäre. Die Seevereisung im dritten Kriegswinter zeigt, wie anthropogenes Wettermachen und Klimawandel zustande kommen. Inhalt
- A1, A2, A3,
B, C1, C2,
C3, C4, C5,
C6, C7, C8,
C9, D, E1,
E2, E3, E4,
E5, |
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